Meine Eltern kommen aus der Südosttürkei (Mardin), wo sie auch geboren sind. Meine Eltern wuchsen zusammen in einem Dorf, als Nachbarn auf. Mein Großvater und mein Vater gingen 1978 nach Berlin, um zu arbeiten, weil mein Großvater sein ganzes Erbe(Land) verkauft hatte. Meine Großmutter blieb mit den anderen vier Kindern in Mardin. Sie kamen 1989 nach Berlin, nachdem mein Großvater ihnen eine Einladung geschickt hatte.
Aus fünf Kindern wurden dann in Deutschland zehn. Wir lebten alle zusammen zuerst einmal in einer Eigentumswohnung, in der Grunewaldstraße, die mein Vater und mein Opa zusammen gekauft hatten. Diese Wohnung gehört bis heute noch uns, aber es lebt dort keiner mehr, weil die Wohnung sehr alt ist.
Es waren die Worte von dem Vater meiner Mutter, die sie veranlassten nach Deutschland zu gehen. Er sagte ihr: „Heirate Tochter! Geh nach Deutschland und mach was aus deinem Leben!“ Mein Großvater sagte dass, weil in der Heimat Krieg herrschte.
Dass meine Mutter ihre Heimat verlassen musste, fiel ihr sehr schwer. Sie sagt mir immer, wenn sie die Zeit zurück drehen könnte, würde sie nicht nach Deutschland gehen, weil sie ohne ihre Familie innerlich sehr leidet.
Wenn wir in die Heimat in den Urlaub fahren und uns am Ende wieder verabschieden, kommen meiner Mutter sehr viele Tränen und sie sagt ihrer Familie dann immer, dass sie wieder käme. Meine Mutter wollte in der Türkei Ärztin werden, aber weil die Dorfmitglieder neidisch waren und nur über sie redeten, erlaubte mein Großvater ihr nicht zu studieren. In Deutschland hat meine Mutter dann trotz schlechten Bedingungen Deutsch gelernt und anschließend eine Ausbildung als Hauswirtschaftsassistentin begonnen. Diese Ausbildung endete im Jahre 2007, die meine Mutter bestand.
Wenn ich in meinen Heimatort gehe, fühle ich mich sehr wohl, als wäre ich zu Hause. Ich finde es schön, dass in einem anderen Land eine andere Kultur und eine zweite Familie von mir lebt.
Manchmal fühle ich mich aber auch fremd, weil mich die Menschen in Kurdistan nicht als richtigen Kurden sehen sondern als halb Deutschen und halb Kurde. Hier, in Deutschland werde ich auch nicht als Deutscher sondern als ein Fremder angesehen, was einem Menschen sehr schaden kann.
Manche Menschen in Mardin beneiden mich. Jeder ist nett zu mir und gibt mir, alles was ich will. Das liegt aber bestimmt daran, dass ich nur ein Besucher für sie bin, was ich aber nicht sein möchte, sondern einer aus der Familie.
Ich habe gelernt damit umzugehen, wie ich mich zu verhalten habe, sodass die Leute nicht reden und schlecht denken. Man sollte sich versuchen halt in beiden Orten gut zu integrieren. Das lernt man mit der Zeit, wenn man viel mit den Menschen lebt. In der Heimat sind die Menschen ganz anders, denken anders, sprechen anders und fühlen auch anders und deshalb musst du versuchen genau wie sie zu denken oder auch zu fühlen.