Ich interviewte meinen Vater Enver.
Er ist 1993 von Bosnien und Herzegowina ausgewandert,
und in Deutschland eingewandert.
Er ist mit einem Bus mit vielen Personen nach Deutschland gekommen,
weil sie vom Jugoslawienkrieg (Balkankonflikt) geflohen sind.
Er hat in Deutschland ein schöneres Leben gefunden, mit mehr Arbeit bzw. mehr Geld,
besseren Schulen, Kindertagesstätten und besseren Ärzten.
Wegen meinem Vater, hat Berlin jetzt einen Migranten mehr.
Mein Vater wurde in einem Dorf in der Nähe von Sarajevo geboren.
Dort lebte er mit seinem Bruder, weil seine Mutter kurz nach seiner Geburt nach Sandzak (Sandzak = muslimischer Teil Serbiens) in die Stadt Priboj gezogen ist.
Mein Vater, kannte seinen Vater nicht, denn er ist 2 Monate vor seiner Geburt gestorben.
Als mein Vater schließlich 14 wurde, und sein Bruder heiratete,
musste er auch zu seiner Mutter ziehen.
Dort musste er seiner Mutter jeden Wunsch von den Lippen ablesen.
Seine Mutter war schließlich alt.
Sie hätte seine Oma sein können (Sie war bei der Geburt meines Vater 55).
Aufgaben, die er täglich erledigen musste waren, mit den Ziegen und Kühen auf die Wiese zum Grasen zu gehen, Kühe und Ziegen melken, Schlangen töten,
den Stall ausmisten.
Außerdem musste er täglich zur Schule gehen.
Mein Vater hatte es nicht leicht, er ging mit Sandalen, zerrissenen Hosen und Pullovern, im Winter zur Schule.
Er musste täglich 30 Minuten laufen nur um zur Schule zu kommen, und dann wieder zurück, denn so was wie Schulbusse gab es nicht.
Mit 16 fing er an zu arbeiten.
Er musste auf der Baustelle aushelfen und schwere Spanplatten tragen,
bei wenig Bezahlung.
Mit 19 lernte er meine Mutter kennen, die damals 15 war,und mit 21,
heiratete er sie und wanderte im selben Jahr, nach Deutschland aus.
Mit 26 bekam er sein erstes Kind, also mich.
Und mit 30 das zweite, also meinen Bruder.
Jetzt führen wir ein recht normales und glückliches
Leben.
Ich frage mich immer, wie würde ich wohl leben, wenn ich in Bosnien geboren wäre?